Tag 2
Heute hat unsere Firmgruppe an einer Führung durch das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz teilgenommen. Nach dem Frühstück fuhren wir anderthalb Stunden mit dem Bus nach Auschwitz, wo wir uns einer Sicherheitskontrolle unterziehen und unser Gepäck abstellen mussten. Vor Beginn der Führung hat jeder einen Empfänger und Kopfhörer erhalten, durch welche wir den Vortrag des Tourguides hören konnten. Die Führung begann vor den Toren Auschwitz', über welchen der berühmte Satz steht "Arbeit macht frei".
Zu Beginn erhalten wir allgemeine Informationen über das KZ. Zunächst handelte es sich bei dem Lager in Auschwitz "nur" um ein Arbeitslager, in welchem Zwangsarbeiter hausten. Vor der Küche des Lagers spielte jeden Morgen und Abend das Lagerorchester während die verschiedenen Kommandos das Lager für ihre Arbeit verließen und schließlich wieder zurückkehrten. Die Musik erleichterte es den zuständigen SS-Offizieren, die Häftlinge zu zählen. Die erste Gruppe, die nach Auschwitz gebracht wurde, bestand aus Schwerverbrechern mit deutscher Nationalität. Erst später wurden auch Juden in das Lager deportiert.
Wir setzen die Führung in einem Gebäude fort, das damals zur Behausung der Zwangsarbeiter diente, nun aber eine Ausstellung enthält. Auf einer Karte ist zu erkennen, das Auschwitz im Zentrum des unter deutschen Einfluss stehenden Gebietes in Europa lag; Juden aus ganz Europa wurden festgenommen und als Feind des Volkes nach Auschwitz gebracht. Obwohl Juden den größten Teil der Insassen in Auschwitz ausmachten, wurden dort auch andere Personengruppen zur Arbeit gezwungen und zu Tode gequält. Romas, Sowjetische Kriegsgefangene, Homosexuelle und politisch Andersdenkende wurden durch verschiedenen Zeichen auf der Kleidung voneinander unterschieden. Juden trugen zur Erkennung ein Zeichen, das aus zwei verschiedenfarbigen Dreiecken bestand und den Davidstern darstellte. Der Tourguide erklärt uns den Aufnahmeprozess, den jeder neue Häftling durchschreiten musste. Nach ihrer Ankunft wurden sie in zwei Gruppen aufgeteilt: Männer stellten sich auf eine Seite, Frauen, Kinder und ältere Menschen auf die andere. SS-Offiziere befahlen ihnen, ihr Gepäck abzulegen und versprachen, dass sie dieses später zurückerhalten werden. Ein SS-Arzt wartete mit einigen anderen Offizieren, bis die Menschen aufgeteilt wurden, wonach er jeden Häftling einzeln inspiziert. Diejenigen, die seines Erachtens in der Lage waren, zu arbeiten, wurden in eine der Baracken gebracht, wo mehrere hundert Menschen gemeinsam auf engstem Raum untergebracht wurden. Alle anderen wurden in eine der sieben Gaskammern geschickt. Zuvor wurden ihnen die Haare abgeschnitten, welche von deutschen Firmen z. B. als Füllmittel oder zur Herstellung von Baumwolle weiterverwendet wurden. Bis 1943 wurde zudem von jeden Inhaftierten ein Foto gemacht, um die Aufnahme von Häftlingen zu dokumentieren. Da deren Zahlen jedoch immer weiter stiegen, wurden später Nummern verwendet, welche ihnen auf den Arm, die Brust oder den Oberschenkel tätowiert wurden.
In dem nächsten Gebäude, das wir betreten, befinden sich zahlreiche Gegenstände, die den Häftlingen in Auschwitz abgenommen wurden. Von unserem Tourguide erfahren wir, dass das Eigentum der Zwangsarbeiter in Aufbewahrungskammern gesammelt wurden, die den Namen "Kanada" erhielten, da das Land Kanada von der jüdischen Bevölkerung als Zeichen des Wohlstandes und Reichtums betrachtet wurde. In verschiedenen Räumen liegen Berge von Schuhen, Töpfen, Bürsten und menschlichen Haaren, welche die Deutschen im Rahmen ihrer Beweisvernichtung nicht mehr beseitigen konnten. In anderen Räumen sind Bilder ausgestellt, mit welchen die SS ihr Vorgehen in den Konzentrationslagern dokumentiert haben. Auch Gemälde von Überlebenden sind zu sehen, welche den Alltag in Auschwitz darstellen. Auf ihnen sind auch die sogenannten Funktionshäftlinge zu sehen, welche einen höheren Stand in der Hierarchie des Lagers und somit Zugang zu besserer Versorgung und einem besseren Lebensstandard hatten. Ihre Aufgabe war es, verschiedene Aufgaben im Bereich der Verwaltung und Organisation im Lager zu übernehmen. Einige von ihnen agierten als Dolmetscher, anderen wurde aufgetragen, die anderen Häftlinge zu überwachen und falls nötig zu disziplinieren. Sie waren - anders als die restlichen Häftlinge - nicht unterernährt und trugen gestreifte Uniformen. Die Aufgaben der anderen Zwangsarbeiter bestanden hauptsächlich aus physisch anstrengender Arbeit. Ohne ausreichende Ernährung und Ruhepausen starben viele von ihnen an Überanstrengung und mussten am Ende des Tages in das Lager zurückgetragen werden.
Zum Tode verurteilte Personen wurden nach ihrer Ankunft in einen Umkleideraum geführt, in welchem sie jegliche Kleidung und jeglichen Schmuck ablegen sollten. Die Offiziere erzählten ihnen, sie würden sich nun in einem Duschraum waschen und wies sie an, ihre Kleidung ordentlich zurückzulassen. Sobald sich alle Häftlinge in der Gaskammer befanden, wurden sie durch das Giftgas Zyklon B, welches durch die Decke in die Kammer geleitet wurde, getötet. Nach diesem 15-20-minütigen Prozess wurden die zurückgelassenen Kleidungsstücke von den Deutschen gesammelt und an die durch den Krieg geschädigten Gebiete geschickt, um die dort lebenden Menschen zu versorgen. Goldzähne und andere Wertgegenstände wurden den Leichen ebenfalls abgenommen, bevor sie in den sich in der Kammer befindenden Öfen verbrannt wurden. Reichten diese nicht aus, wurden sie auf der Wiese neben der Gaskammer verbrannt.
Als Nächstes führt uns unser Tourguide zu Block 11, in welchem auch Maximilian Kolbe ums Leben kam. Dort wurden Inhaftierte zum Verhungern für mehrere Tage in der Dunkelkammer eingesperrt. Hier befinden sich auch kleine, 90x90 cm große Zellen, in welchen bis zu vier Häftlinge die Nacht verbringen mussten. Nicht weit von Block 11 entfernt befindet sich die schwarze Wand, an welche zum Tode Verurteilte gestellt und durch einen Kopfschuss exekutiert wurden. In dem Gebäude daneben fanden regelmäßig Verhandlungen statt, in welchen die Todesurteile der Häftlinge gefällt wurden. Eine weitere Methode der Exekution war das Erhängen; bei einer solchen Hinrichtung mussten alle Insassen des Konzentrationslagers zusehen. Bei einer dieser Exekutionen trat einer der Verurteilten den Schemel, auf dem er stand, unter sich weg und unterbrach damit das Vorlesen der Urteile. Sie wurden daraufhin sofort hingerichtet. Der Galgen steht noch heute an dieser Stelle und erinnert an die neun zum Tode verurteilten Inhaftierten. Ein weiterer Galgen steht in der Nähe des Krematoriums. Dort wurde Rudolf Höß, SS-Obersturmbannführer und von Mai 1940 bis November 1943 Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz, als Kriegsverbrecher gehängt.
Nachdem wir das Krematorium auch von innen betrachten konnten, gaben wir unsere Kopfhörer sowie Empfänger zurück und fuhren nach Auschwitz II-Birkenau. Der Komplex ist vor allem für seine vier Krematorien und die "Rampe", ein langer Weg entlang der nach Auschwitz führenden Eisenbahnstrecke, bekannt. Häftlinge, die nach ihrer Ankunft in Auschwitz aus dem Zug stiegen, gelangten direkt auf die Rampe, auf welcher sie ihr Gepäck ablegten und sich zur Selektion aufteilten. Von den Krematorien sind heute nur noch Ruinen übrig. Zwischen zwei von ihnen steht ein Mahnmonument, neben welchen dieselbe Nachricht in den verschiedenen Sprachen der Häftlinge in Auschwitz auf mehreren Tafeln steht: "Dieser Ort sei allezeit ein Aufschrei der Verzweiflung und Mahnung an die Menschheit. Hier ermordeten die Nazis etwa anderthalb Millionen Männer, Frauen und Kinder. Die meisten waren Juden aus verschiedenen Ländern Europas."
Nach einer kurzen Mittagspause kehrten wir schließlich mit dem Bus nach Krakau zurück. Dort beschlossen wir, den Abend mit einem gemeinsamen Abendessen ausklingen zu lassen. Zum Abschluss setze sich die Gruppe nochmals gemeinsam mit dem Thema auseinander und klärte noch offene Fragen.
Tageseindrücke
"Heute, auf der Grabstätte von Millionen Menschen, blieb mir am stärksten die eigentliche Hinrichtungsstätte vor den Augen. Dabei war der Rundgang durch die Vergasungskammer wegen der kompletten Stille unserer Gruppe und der Möglichkeit, sich auf die Menschenleben, die vergangen sind, zu konzentrieren, besonders eindrucksvoll. Jedoch fand ich es schade, dass so viele Besucher einfach respektlos mit diesem Ort umgegangen sind und ihn nur genutzt haben, um anzugeben."
"Das Schlimmste war, sich vorzustellen, dass an diesem Ort, an dem man gerade steht, vor Jahren so etwas Schlimmes passiert ist. Dass die Menschen mit ihren abgemagerten Knöcheln herumgescheucht wurden oder viele auf einmal getötet wurden. Man stellt sich die schrecklichen Ereignisse vor, trotzdem ist es unvorstellbar."
"In Auschwitz wurden uns hauptsächlich verstörende, perverse und einfach kranke Aspekte der menschlichen Geschichte gezeigt. Dabei wurden größtenteils objektive geschichtliche Fakten in den Vordergrund gestellt, da die Stätte eine Art Museum ist. Dass das Geschehene trotzdem unvorstellbar ist, kann ich nur betonen. Was mich zum Nachdenken bringt und was ich bisher nicht wahrgenommen habe ist, welche Rolle das für und als Individuen spielt, z. B. dass wir in dem Fall die Rolle des 'Täters' gespielt haben.
"Ich glaube, dass das Wort, welches am besten passt, um diesen Ort bzw. um diese Zeit zu beschreiben "Unfassbarkeit" ist. Ich glaube, dass wir heute viele Eindrücke und Fakten gesammelt haben, die unsere Leben in Zukunft beeinflussen werden und den Wert unseres Lebens noch mehr erkennen lassen.
"Ich fand es wichtig einerseits die persönliche Perspektive mit Einzelschicksalen in Auschwitz und im Gegensatz dazu die unbegreiflichen Opferzahlen in Birkenau zu sehen. Besonders in Erinnerung werden mir vermutlich der erste Eindruck der Größe des Lagers, das Denkmal und die Krematorien bleiben. Gut fand ich außerdem, dass es eben kein klassisches Museum war, sondern vieles über Bilder erklärt wurde, was es für mich ein wenig begreifbarer gemacht hat."
"Mich persönlich hat es am meisten berührt, dass man wusste, dass auf dem Boden, auf dem man gerade läuft, Menschen gequält, ermordet und entwürdigt wurden. Sich diese schrecklichen Vergehen an der Menschheit vorzustellen übersteigt wahrscheinlich die Vorstellungskraft von vielen von uns. Trotzdem hat es mir klargemacht, dass wir die Generation sind, die weitergeben muss, was dort passiert ist, sodass es nicht in Vergessenheit gerät oder verharmlost wird, damit so etwas nie wieder passiert."
"Ich fand den Tag heute sehr entspannt, Auschwitz hat mir sehr gut gefallen und war sehr informativ, auch was alles ausgestellt wurde und wie alles aussah, war meiner Meinung nach sehr informativ, die einzelnen Kammern waren erschreckend."
"Ich fand den heutigen Tag wirklich sehr bewegend. Solche grausamen und unheimlichen Orte erlebt man nicht alle Tage. Den Moment, als ich durch das Tor des Konzentrationslagers Birkenau ging, werde ich nie vergessen. Er hatte etwas sehr Bedrückendes und vor allem Stilles an sich, als wäre man in eine Art andere Welt eingetreten. Ich war sprachlos. Die gefühlt endlosen Weiten des Geländes machten einem klar, in welch einem Ausmaß das Vernichten stattgefunden hat und verdeutlichten nochmals die Opferzahlen von über 1 Mio. Menschen. Was mir außerdem noch sehr in Erinnerung geblieben ist, war das Bild, auf dem die gerade angekommenen Häftlinge selektiert wurden. Ich finde es wirklich schockierend, dass eine einzige Person innerhalb von Sekunden mit einem Handzeichen über Leben und Tod von tausenden Menschen entscheiden konnte. Wir sind alle gleich und vor allem Brüder und Schwestern. Ich verstehe nicht, wie man so wenig Menschlichkeit haben und seinen Mitmenschen so etwas antun kann und hoffe, dass sich solch ein grausames Ereignis in der Geschichte der Menschheit nicht wiederholt."